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Volkskrankheit Kopfschmerzen?

Aktualisiert: 14. Mai

Welche Arten gibt es? Was kann den Betroffenen helfen?



Viele von uns haben Kopfschmerzen, es gibt mehr al 300 Formen von Kopfschmerzen. Grob unterteilt werden sie in primären und sekundären Kopfschmerzen. Primär heißt der Kopfschmerz selbst ist die Ursache der Beschwerden und ist an sich die Erkrankung. Mehr als 90 % aller Kopfschmerzen sind Primär. Wie zum Beispiel Migräne und Spannungskopfschmerz, mit dem wir uns hier näher beschäftigen werden.

Sekundäre Kopfschmerzen sind symptomatische Beschwerden einer anderen Grunderkrankung und sind keine eigenständige Erkrankung. Sie sind deutlich seltener als primäre Kopfschmerzen und machen etwa 8% aller Kopfschmerzformen aus.


Historischer Exkurs – Migräne


„Früher hielten Gelehrte Migräne für ein Überangebot an schwarzem Schleim im Kopf.”

Kopfschmerz bzw. Migräne wird seit der Frühgeschichte der Menschheit in verschiedenen Kulturen beschrieben. Erste genaue Beobachten und Beschreibungen haben antike Ärzte wie Hippokrates, Celcus und Aretaeus von Kappadokien gegeben. Galen von Pergamen, ein brühmter Arzt der Antike verwendete den Begriff „hemicrania“, was auch den heutigen Begriff der Migäne ableitet (einseitiger Kopfschmerz). Die Ursache von damals war ein Überangebot von Säften (gelber Galle) im Kopf. Der Körper bestand zu der Zeit nur aus verschiedenen Säften und Dünsten, deren Unordnung Krankheiten bewirken.


Gelehrte und Mediziner beschäftigen sich bereits seit 1549 mit der Thematik "Migräne".

Im 20. Jhd. wurden viele Theorien über die Entstehung von Migärne aufgestellt und beispielsweise auch wieder als allergische Erkrankung, psychosomatische Erkrankung, Stresserkrankung oder auch als Frauenerkrankung dargestellt.

Erst 1937 entwickelte Wolff eine moderne vasomotorische Theorie der Entstehung der Migräne aber, der eigentliche Mechanismus ist weiterhin unklar. Es bleiben nach wie vor nur Ursachenmodelle. Diese zeigen auf, dass es oft verschiedene Faktoren sind, die eine Migräne auslösen können.


Was passiert bei einer Migräne Attacke?


Bei Betroffenen mit Migräne spielen zwei große Faktoren eine Rolle.


Faktor 1

Die Nervenzellen im Körper sind besonders stark erregbar und zeigen unkontrollierte und

überschießende Reaktionen. Das wirkt sich auf das Trigemino-vaskuläre System aus. Das heißt auf den Trigeminusnerv im Kopf und der vom Nerv versorgten Blutgefäße im Gehirn.


Der Trigeminusnerv ist ein Hirnnerv, welcher Gesicht und Kaumuskulatur versorgt. Oft zeigt sich ein Zusammenhang zwischen Kopfschmerz und sich ausbreitende Symptome im Gesichtsbereich. Im Hirnstamm findet also eine Überaktivität oder Überreizbarkeit der Nervenzellen statt, ebenso auch in den Nervenzellen des Trigminusnervs. Dadurch kommt es zu einer überschießenden Reaktion dieser Hirnzentren und der angrenzenden Blutgefäße. Die permanente Sendung von Signalen über das Nervensystem und Botenstoffe zur Weitung und Schwellung der Blutgefäße führt am Anfang einer Migräneattacke zu einer Reduzierung der Durchblutung im Gehirn. Das bemerkt der Betroffene oft durch die Aura. Eine Aura ist zum Beispiel ein Flimmern im Gesichtsfeld, Seheinschränkungen, Missempfindungen (z.B. kribbeln in Hand bis zum Gesicht) oder auch Sprachstörungen, die von wenigen Minuten bis zu 1 Stunde dauern können. Anschließend reagieren die Gefäßwände der Blutgefäße auf die gesteigerte Durchblutung mit Schmerz. Somit kommt es zu den sehr unangenehmen, pulsierenden und pochenden Schmerz. Mit jeden Pulsschlag steigert sich die Überempfindlichkeit des Nervennetzes an den Gefäßwänden und der Schmerz steigert sich immer mehr.


Faktor 2

Dies sind die Neurotransmitter oder chemischen Botenstoffen in unserem Gehirn.

Sie sind für die Übermittlung der Nervengewebe verantwortlich und lösen in ihrem Zielgewebe spezielle Reaktionen aus. Bei Migräne ist dieses beispielsweise das Serotonin, welches für die Weitung und Verengung der Blutgefäße verantwortlich ist. Es ist auch für die Anspannung der Darmmuskulatur und für unsere Stimmung zuständig. Es hilft Stimmung, Appetit, Schlaf und soziales Verhalten zu regulieren. Serotonin ist auch als Glückshormon bekannt und schwankt vor allem bei Frauen mit dem monatlichen Zyklus. Eine verstärkte Serotoninausschüttung gibt es bei bestimmten Lebensmittel wie Rotwein, Nüsse, Kakao, Zitrusfrüchte und stark zuckerhaltige Lebensmittel.


Der 2. wichtige Botenstoff ist das CGRP (Calcitonin Gene-Related Peptid), das eine starke Weitung der Blutgefäße wie bei einer Entzündung auslöst. Bei einer Migräneattacke findet eine erhöhte Ausschüttung dieses Stoffes statt und fördert die Entzündung an den Gefäßwänden. Substanzen, welchedie Wirkung hemmen, werden bei der Therapie von Migräne eingesetzt.


Genetische Erklärung:

Außerdem können Migräneattacken einer genetischen Disposition bzw. Veranlagung für die Überempfindlichkeit der Nervenzellen unterliegen. Dabei ist ein Gen, das TRPM 8, dafür verantwortlich. Unser Körper reagiert durch dieses Gen auf Temperaturveränderung mit Wärme- und Kälteregulation. Da dies in Europa häufiger als z.B. in Afrika vorkommt, tritt in Europa Migräne viel häufiger auf als in Afrika. Man vermutet dadruch ein Zusammenhang mit Wetterwechsel, Luftdruckschwankungen, Regen oder Schnee.


„Migräne zu haben, bedeutet nicht zu wissen, wann der Körper streikt!”

Diagnostik der Migräne

  1. mindestens 5 Attacken, welche Kriterien 2 bis 5 erfüllen

  2. Kopfschmerzattaken, die (unbehandelt oder erfolglos behandelt) 4-72 Stunden anhalten

  3. der Kopfschmerz mindestens 2 der folgenden 4 Symptome aufweist:

    1. einseitige Lokalisation

    2. pulsierender Charakter mittlere oder starke

    3. Schmerzintensität

    4. Verstärkung durch körperliche

    5. Routineaktivitäten oder Vermeidung körperlicher Aktivität

  4. während der Kopfschmerzen besteht mindestens eines der folgenden Symptome: Übelkeit und/oder Erbrechen, Licht- und Lärmempfindlichkeit

  5. die Diagnose kann nicht durch eine andere Erkrankung erklärt werden


Spannungskopfschmerzen


Spannungskopfschmerz ist mit über 53% der häufigste Anteil an Kopfschmerzformen. Die Ursache ist weitgehend unbekannt. Ähnlich wie bei Migräne gibt es ebenfalls eine Überempfindlichkeit der Nervenzellen, die zu einer Überladung der verantwortlichen Zentren im Gehirn kommt. Bei Spannungskopfschmerzen ist vor allem die Kopf- und Gesichtsmuskeln auffällig. Diese Muskulatur neigt zu vermehrter Anspannung und

einer erhöhten Druckempfindlichkeit. Dadurch reagiert sie auf kleinste Reize und löst einen regen Informationsstrom in den höheren Zentren im Gehirn aus. Dies erregt die Nerven der Blutgefäße. Die Gesichts- und Kopfregion wird sensibilisiert und es kommt zu übermäßigen, ungefilterten Sinneswahrnehmungen und fehlerhafter Reizweiterleitung. Durch diese vielen Informationen werden die Nervenzentren überstrapaziert und lösen einen Kopfschmerz aus.


Der Kopfschmerz geht meist vom Nacken nach vorne bis zur Stirn. Dadurch verspannt sich die Schulter- und Nackenmuskulatur und der Kopfschmerz wird stärker. Die Gesichtsmuskulatur wird vom Trigeminusnerv versorgt und somit sind ähnliche Hirnareale wie bei der Migräne betroffen. Eine weitere Ursache kann Überlastung der Informationsverarbeitung des zentralen Nervensystems durch körperlichen oder psychischen Stress sein. Es sind größtenteils eine Reihe von Ursachen, die zusammen dann den Schmerz auslösen.


Diagnostik von Spannungskopfschmerzen


  1. episodisch (vorübergehend) 1-14 Tage im Monat auftretender Kopfschmerz in einem Zeitraum von 6 Monaten

  2. chronisch mindestens 15 Tage pro Monat in einen Zeitraum von 6 Monaten

  3. zwischen 30 Minuten und 7 Tagen

  4. drückend, straff wie ein Band

  5. beidseitige Schmerzen leicht bis mittelstark

  6. bleibt bei Belastung gleich

  7. begleitender Druckschmerz am Schädel,

  8. Bewegungseinschränkung der HWS, Kieferprobleme


Top 10 der Kopfschmerzauslöser

  •  Muskelverspannung im Nacken, Kiefer oder Gesichts

  • eine zu geringe Trinkmenge

  • Wetterwechsel zwischen Hoch- und Tiefdruckgebiet

  • Stress psychisch, mental aber auch körperlich

  • Schlafprobleme mit einschlafen, durchschlafen oder auch leider manchmal ausschlafen

  • unangenehme Gerüche, z. B. Drogerie

  • Lärmbelastung manchmal in der Arbeit, Umbaumaßnahmen, lauter Geräuschpegel z. B. Kindergarten etc.

  • Einseitige Körperhaltung über längere Zeit z. B. PC

  • Bewegungsmangel und die Folgen (Muskelschwäche, Stoffwechselstörung, eingeschränkte Beweglichkeit)

  • übermäßiger Konsum von Genussmittel (Koffein, Alkohol; Nikotin)


Entscheidend im Umgang mit Kopfschmerzen ist es, den Auslöser zu kennen. Die Trigger, die von außen auf uns hereinströmen und auch Verhaltensweisen, die wir uns unbewusst angewöhnt haben. Um diesen Triggern auf die Schliche zu kommen, ist es wichtig, uns selbst zu beobachten und auch unser Verhalten aufzuschreiben. Denn meist macht es die Summe von vielen Dingen, die das Fass zum Überlaufen bringen.



Möglichkeiten, um Kopfschmerzen positiv zu beeinflussen

  •  Ausdauertraining

  • Atemtraining, Verbesserung der Atemfähigkeit

  • Entspannungsübungen

  • Resilienztraining (Achtsamkeit und psychisch-emotionale Wirderstandsfähigkeit stärken)

  • Stressreduktion bzw. Stressmanagement

  • Verbesserung der körperlichen Wahrnehmungsfähigkeit

  • Krafttraining

  • positive Bewegungserfahrungen ...mal etwas neues probieren

  • optimierte Körperhaltung und viel Bewegung im Alltag einbauen

  • Ernährung auf Glutamat achten (Glutamat ist auch ein Neurotransmitter im ZNS und ist an der Vermittlung und Verarbeitung von Sinnesreizen beteildigt, es steuert Bewegungen und ist auch beim Lernen mit dabei)

  • Genussmittel

  • Tagesrhythmus



Fazit

Kopfschmerzen und Migräne sind sehr individuell. In ihrer Behandlung ist es durchaus sinnvoll, verschiedene Parameter zu beleuchten. In der Ganzheitlichkeit des individuellen Erscheinungsbildes kann so dem Betroffenen ein persönlicher Plan aufgestellt wreden, der die Schmerzen lindern kann.


Dem liegt eine das Herausfiltern möglicher Stressoren und eine Beobachtung des Alltags mit genauer Beschreibung der schmerzhafen Situationen zu Grunde. Betroffenen können beispielsweise eine bildliche Aufstellung ihres persönlichen "Eisbergs" anfertigen und zusätzlich ein Kopfschmerztagebuch führen.



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